Vom 1. September 2022 an wird die Gemeinschaft Chemin Neuf keinen Priester mehr in der Gemeinde Herz-Jesu stellen. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Aber viele verschiedene Gründe kamen zusammen:

Vor mehreren Jahren wurde der Prozess „Wo Glaube Raum gewinnt“ im Erzbistum Berlin eingeleitet. Die Gemeinde Herz Jesu wurde Teil der großen Pfarrei Bernhard Lichtenberg. Die Gemeinschaftsleitung trug den Prozess der großen pastoralen Räume mit, obwohl es auch einige skeptische Stimmen in der Gemeinschaft gab: Gibt es nicht ein Risiko, dass wir uns in dem großen Raum verlieren? Oder könnte es auch eine Chance sein, um uns in der großen Pfarrei zu entwickeln? Wie wird sich die Gremienarbeit und die Arbeit mit den Hauptamtlichen gestalten, die nicht unbedingt eine ähnliche pastorale Vision haben? Wie können wir unsere Schwerpunkte in der großen Pfarrei behalten?

Mitten in unseren Überlegungen ließ die Pandemie das Gemeindeleben fast zum Stillstand kommen. Zudem bemerkten wir, dass die neue Groß-Pfarrei Bernhard Lichtenberg sich für uns als Gemeinschaft vor allem für unsere Priester schwierig gestaltete. Viele unserer Befürchtungen bestätigten sich. So trafen wir schließlich nach Ostern zusammen mit dem Leiter der Pfarrei, Pfarrer Oliver Cornelius, die schwere und weitreichende Entscheidung, keine Priester mehr zu stellen. Dennoch wollen wir weiterhin als Ort Kirchlichen Lebens in der Pfarrei präsent bleiben.

Die Gemeinschaft Chemin Neuf hat in den vergangenen Jahrzehnten das Gemeindeleben stark geprägt und vielen Menschen eine geistliche Heimat gegeben. Daher wollen wir unsere Angebote in der Pfarrei Bernhard Lichtenberg im Einverständnis mit Pfarrer Oliver Cornelius und dem Pfarreirat weiter machen. Hierzu werden wir weiterhin Räume in der Fehrbelliner Straße behalten, um präsent zu bleiben. 

Voller Dankbarkeit blicken wir zurück auf die vergangenen Jahre: Nachdem die Gemeinschaft zunächst in der Gemeinde Maria Magdalena in Pankow angekommen war, schlug uns der katholische Erzbischof von Berlin, Kardinal Sterzinski, 1994 die Leitung der Gemeinde Herz Jesu in Prenzlauer Berg vor.

Wir betrachteten dieses Angebot als ein Zeichen des Vertrauens der Kirche in uns und nahmen es mit Freude und Furcht an. Freude, weil es uns einen öffentlichen Platz in der kirchlichen Landschaft in Deutschland gab. Furcht, weil unsere Gemeinschaft in diesem Bereich noch sehr jung und unerfahren war. Die Gemeinde Herz Jesu war weltweit die erste Gemeinde, in die die Gemeinschaft von einem Bischof gerufen wurde. Kurz danach hat der Erzbischof von Paris uns eine Gemeinde in Paris anvertraut.

Fortan stellten wir unsere Charismen in den Dienst dieser von ihrer ostdeutschen Vergangenheit tief geprägten Gemeinde: Wir machten geistliche Angebote wie die von der Gemeinschaft gestalteten Gottesdienste, das Morgenlob, die tägliche eucharistische Anbetung, den Gebetskreis und die Exerzitien. Außerdem lag uns die Evangelisierung am Herzen und wir veranstalteten Alpha-und Glaubenskurse für Erwachsene, junge Erwachsene und Firmlinge. Zudem gab es Paar- und Familienangebote durch KANA und spezifische Angebote zur Vorbereitung auf die Erstkommunion und zur Ehevorbereitung. Nicht zuletzt bemühten wir uns um die ökumenische Zusammenarbeit mit den evangelischen Nachbargemeinden.

Nach und nach fanden viele Menschen hier wieder den Weg zu Gott, darunter nach der Wende und dem Regierungsumzug viele Neuzugezogene. Besonders konfessionsverbindende Paare konnten in Herz Jesu eine geistliche Heimat finden. Die Gemeinde entwickelte sich und wurde sehr lebendig und vielfältig.

Die Entscheidung, keine Priester mehr zu stellen und die Leitung abzugeben, hat uns und allen Mitgliedern der Gemeinschaft und des Bundes sehr viel Energie und Diskussionen gekostet. Es war kein einfacher Prozess. Es ist ein großer Schritt in das Unbekannte, weil das Modell für alle Beteiligten neu ist. Dennoch wollen wir diesen neuen Anfang in Berlin wagen, in einer Situation, in der wir nicht mehr wie vor fast 30 Jahren unbekannt, sondern nun gut vernetzt und bekannt sind. Gleichzeitig wollen wir unserem Haus, dem Kloster Lankwitz, mehr Sichtbarkeit als ein geistliches Zentrum geben, in dem wir unser Programm auffächern und verstärken werden. Loslassen ist ein österliches Ereignis, das sich immer als gnadenreich in jeder persönlichen und gemeinschaftlichen Erfahrung zeigt. Wir bauen auf eure Unterstützung und bitten um euer Gebet in dieser Situation des Übergangs!